*Wiederveröffentlicht von Pylos-Verbrechen
Die freude nach dem Urteil währte nicht lange
Das Landgericht in Kalamata entschied vor drei Tagen, am 21.5., dass griechische Gerichte gar nicht zuständig sind für die Anschuldigen der Staatsanwaltschaft gegen die Pylos 9 und somit freizulassen sind. Die griechische Polizei ließ sie aber nicht frei, sondern nahm sie sofort in Verwaltungshaft. Sie sollen solange in Haft bleiben, bis über ihre Asylanträge entschieden worden ist. Mit welchem Recht? Wird jetzt jeder, der in der EU um Asyl ansucht, verhaftet, solange bis über seinen/ihren Fall entschieden wurde?
Mitsotakis hatte schon einen Tag nach dem Schiffsbruch öffentlich verkündet, die Schuldigen seien verhaftet worden. Unschuldsvermutung im Rechtsstaat? Ein Narr, wer in dem neuerlichen unmenschlichen Vorgehen des griechischen Staates den Versuch sieht, von der eigenen Verantwortung für den Tod von 600 Menschen abzulenken. Wer in Haft ist, muss ja wohl schuldig sein! Anstatt das die vom Gericht für unschuldig befundenen, nur knapp dem Tod entkommenen, jetzt freigelassen und für die 11 Monate ungerechtfertigter Haft entschädigt wurden, werden sie weiter auf unbestimmte Zeit festgehalten. Wer auf der Flucht ist, ist ein Verbrecher.
Einer der neun, ein 20 Jahre alter Mann, wurde in das berüchtigte Abschiebezentrum von Petrou Ralli (nahe Athen) überstellt. Sein Asylantrag wurde bereits zweimal abgelehnt. Er soll nach Ägypten abgeschoben werden. (1)
Den Anwält:innen der Pylos 9 wurde nicht erlaubt, ihre Mandanten in der Haft zu besuchen. (2)
Presseerklärung der Verteidiger der neun Überlebenden des Pylos Schiffbruchs, 24.5.2024 (3)
Unsere Mandanten, neun Überlebende des Schiffbruchs vor der Küste von Pylos, wurden zu Unrecht elf Monate in Gefängnissen festgehalten, schwerer Verbrechen beschuldigt und von den Mainstream-Medien, die vom ersten Moment an nicht nur die Unschuldsvermutung missachteten, sondern auch Fotos von ihnen selbst aus dem Krankenhaus veröffentlichten, um die die öffentliche Meinung in die Irre zu führen und die wahren Gründe für den tödlichen Schiffbruch zu verschleiern.
Das Ziel bestand außerdem darin, das Narrativ über die Unterdrückung der Verantwortlichen für die illegale Einwanderung und die Schiffsunglücke in der griechischen Save-and-Rescue-Zone zu unterstützen.
Es scheint, dass der Freispruch unserer Mandanten durch das Landgericht nicht den oben genannten Zielen dient. Anstatt ihnen Wiedergutmachung für den ungerechtfertigten langen Freiheitsentzug zu leisten, indem er ihnen psychologische Unterstützung und alle notwendigen Mittel für ihre reibungslose Rückkehr in ein Leben in Freiheit und ihre Integration in die Gesellschaft zu ermöglichen, behandelt der Staat sie grausam und unmenschlich. Anstatt sie freizulassen, werden sie in Verwaltungshaft festgehalten! Seit elf Monaten beobachten wir, wie die Opfer dieses Schiffbruchs, wie die 9, die jetzt in
Verwaltungshaft sitzen, immer wieder viktimisiert werden, entweder durch ihre ungerechte
Untersuchungshaft oder durch ihre ungerechte und rachsüchtige Verwaltungshaft.
Die Entscheidung, gegen unsere Mandanten Verwaltungshaft zu verhängen, steht in direktem Widerspruch zur griechischen Gesetzgebung und dem EU-Recht, da weder die formellen noch die materiellen Voraussetzungen für die Verhängung erfüllt sind. Die Entscheidung über die Inhaftierung entbehrt jeglicher Rechtsgrundlage, ist völlig willkürlich und missbräuchlich. Unsere Mandanten sollten genauso behandelt werden wie die anderen Überlebenden des Schiffsunglücks, die nach geltendem Recht schutzbedürftige Personen sind, deren Inhaftierung die Behörden (über die ersten Tage hinaus) nicht einmal in Erwägung zogen.
Die Asyl-Anträge der neun Personen wurden bereits registriert und es gibt keinen formellen oder materiellen Grund für ihre Inhaftierung.
In Anbetracht der obigen Ausführungen und in Übereinstimmung mit den Entscheidungen der griechischen Gerichte rufen wir auf…
– das Ministerium für Zivilschutz, dafür zu sorgen, dass die zuständigen Polizeibehörden willkürliche Verhaftungen unterlassen und die ergangene rechtswidrige Entscheidung über ihre Verwaltungshaft aufheben.
– das Ministerium für Migration und Asyl dafür zu sorgen, dass nationales und EU-Recht angewendet werden und dass unsere Mandanten die in der einschlägigen Gesetzgebung vorgesehenen Rechte genießen, einschließlich des legalen Aufenthalts bis zur Prüfung ihres Antrags, des Zugangs zu Aufnahmebedingungen und des Schutzes vor willkürlicher Inhaftierung.
– das UNHCR, den griechischen Behörden nicht zu erlauben, unsere Mandanten bloßzustellen, die Schutz im Land beantragt haben, und sie schwerwiegenden Verletzungen ihrer Grundrechte und einer weiteren willkürlichen Inhaftierung auszusetzen.
– die unabhängige Behörde der Ombudsperson im Rahmen ihrer Zuständigkeiten einzugreifen und die Umsetzung der geltenden Rechtsvorschriften gegenüber unseren Mandanten durch die zuständigen Behörden zu gewährleisten.
Anmerkungen
(1) Quelle: https://captainsupport.net/freepylos9/about-the-trial-and-the-latest-developments/
(2) https://x.com/FreePylos9/status/1793872817919799412/photo/1
(3) https://captainsupport.net/freepylos9/statement-by-the-defense-lawyers-of-the-nine-survivors-of-the-pylos-shipwreck-who-were-acquitted/